Hallo Unbekannter !
 

18 Jahre

Oktober 4th 2008 by Ronnie in Beobachtungen, Persönliches

Ich hoffe, Ihr hattet einen guten Start in das verlängerte Wochenende? Aber mal ganz ehrlich, wer von Euch hat den heute gestern mal an den Grund für den extra freien Tag gedacht? Ich hab’s ja nicht so mit Politik - habe mir trotzdem so meine Gedanken gemacht:

Jetzt nach nun mittlerweile 18 Jahren vereintes Deutschland kann eigentlich kaum über eine Vereinigung gesprochen werden. Der Westen Deutschlands hat ja kaum etwas aus den Osten übernommen. Ein paar Kleinigkeiten, die jeder aus den Medien kennt sind z.B. das Ampelmännchen oder der (so komplizierte ;-) ) Rechtsabbiegerpfeil. Was soziale Einrichtungen und Kinderbetreuung angeht, hätte der Westen durchaus schon vor Jahren was aus dem Osten übernehmen können. Der Ruf nach mehr Kindergärten wurde erst in den letzten Jahren immer lauter und sowas wie Polikliniken (medizinische Versorgungszentren) wird nun wieder aktueller denn je.

Vielmehr wurde eigentlich fast alles vom Westen auf den Osten übergestülpt - man könnte fast von einer Assimilation sprechen. Es änderte sich für die Menschen im Osten fast alles, während für die Bürger im Westen fast alles gleich blieb.

Wenn ich mir überlege, in welchen Zeitdimensionen das alles abläuft, bin ich mir fast sicher, dass die Vereinigung Deutschlands nochmal die gleiche Zeit benötigt, die sie bis zum heutigen Tag gebraucht hat um zu wachsen und sich zu etablieren. Auf der anderen Seite sind 18 Jahre eigentlich verdammt lange um zu reifen. Immerhin erhält ein Mensch in Deutschland nach 18 Jahren seine Volljährigkeit und ist damit laut BGB mündig und als erwachsener Mensch angesehen. Er erhält die gleichen Rechte und Pflichten wie seine älteren Mitbürger auch.

Doch für die Wiedervereinigung gelten da andere Zeitfenster. Da ist man mit 18 Jahren erst ein Heranwachsender und befindet sich allenfalls in der Pubertät. Somit gibt es eben noch feine Unterschiede in Arbeitszeit und Entlohnung. Somit verdient man im Osten in einer 40+ Stundenwoche bei Mindesturlaub (wenn überhaupt) 1200 Euro brutto, während man dafür im Westen schon ein viel(!)faches dafür bekommt.

Trifft man als "Wirtschaftsflüchtling" hier im Osten alte Bekannte, dann ist eine der ersten Fragen: "Hey, wie geht’s - hast Du noch Arbeit?" Aber auch die Frage wurde in den letzten 10 Jahren weniger. Nicht etwa, weil die Feunde und Bekannte wieder in das Glück kamen, zu arbeiten sondern weil immer weniger von ihnen hier anzutreffen sind. Schaut doch einfach mal nur, wieviel junge Leute aus dem Osten im Westen arbeiten. Hier gibt es Ecken, da Leben nur noch Rentner und Arbeitslose. Es fehlt an jungen Menschen und deren Kindern.

Ein Großteil meines Abijahrgangs ist nicht mehr hier und fast alle meiner ehemaligen Mitstudenten ist quer über den Westen der Republik verstreut.

Entwurzelung von der Heimat ist scheiße - nur eben kennt das Problem im Westen kaum jemand.

Doch das alles ist kein Wunder bei mehr als 20% Arbeitslosigkeit. Trotzdem gehört eine Menge Flexibilität und Bereitschaft dazu. Ich glaube, viele meiner Kollegen in Bayern können sich kaum eine Vorstellung machen, wie wichtig und notwendig ein funktionierender Arbeitsmarkt für eine Region und das tägliche Leben ist.

Viel machen kann man da als normaler Bürger aber nicht. Ich versuche auf Arbeit und in meiner Freizeit das Thema bei meinen Kollegen und Bekannten im Westen zu meiden. Es fehlt schlicht und ergreifend das Verständnis (auf beiden Seiten). Mental ist deshalb die Wiedervereinigung noch nicht vollendet bzw. gescheitert.

Versteht mich nicht falsch. Ich bin durchaus zufrieden, dennoch bin ich der Meinung, dass die Vereinigung wirtschaftlich, politisch ein kompletter Anschluss an die alten Bundesländer war. Daher auch der Ausdruck "Neue Bundesländer".

Insgesamt kann man eigentlich zufrieden sein, was die Leistung als ganzes angeht. So gesehen ist und war die Leistung des deutschen Volkes ein Präzedenzfall. Hinterher kann man immer behaupten, was man alles besser gemacht hätte. In wahrscheinlich nochmal 10 Jahren, weiß man dann endlich, wie man alles hätte besser lösen können. Und vieles hätte schlechter laufen können.

Tja und nun ist alles so, wie es ist und wir machen weiterhin das Beste daraus.

Am Sonntag treffen sich dann alle wieder auf der Autobahn, wenn es gemeinsam wieder mit Temo 180 "rüber" geht.

Doch hier im Netz und auf den meisten Seiten, die ich so gerne lese ist es völlig Wurst und nebensächlich, wer woher kommt. Das ist doch auch mal schön.

Wie sind eigentlich Eure Erfahrungen diesbezüglich?

Wow, schon 19 Kommentare zu “18 Jahre”

  1. Gravatar of Ralf Ralf sprach am